Geschichtete Identitäten: (Post-)Imperiales Erzählen und Identitätsbildung im östlichen Europa
Imperiale Situationen werden in den Kulturwissenschaften zunehmend auch als kulturell komplexe Möglichkeitsräume betrachtet. Wenig
Aufmerksamkeit wurde bisher dem Verhältnis von subjektiv-individuellen und ‚kollektiven‘ Zugehörigkeitskonzepten gewidmet, wie auch der Frage, wie in imperialen Kontexten Selbst- und Fremdentwürfe verhandelt werden. Scheinbar homogene Größen wie Nation oder Region können dabei höchstens von teilweiser Bedeutung sein. Kulturelle Identitäten sind im Kontext imperialer Erfahrungen historisch und lebensweltlich „geschichteter”, sie zeigen Merkmale der Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Zeit- und Erfahrungsräume – und sie konstituieren und reflektieren sich nicht zuletzt in Erzählungen. Solchen Konstellationen und Erzählungen aus verschiedenen Zeiträumen geht das vorliegende Buch nach, wobei die Regionen Ost- und Südosteuropas im Fokus stehen, die besonders reiche und vielfältige Erfahrungen europäischer Identitätsbildung in imperialen Kontexten aufweisen. .
Filarete: Der Architekt der Renaissance als Demiurg und Pädagoge
Antonio di Pietro Averlino, called Filarete, in his Libro architettonico, written between 1460 and 1464 in the form of a dialogue between the author and Duke Francesco Sforza and his son Galeazzo Maria Sforza, tells of the planning, founding and construction of the city named after its owner »Sforzinda« and a city by the sea connected to it. In addition to the practical aspects of architecture and theory in the narrower sense, the first monographical examination of the Codex is also devoted to passages and illustrations that have hitherto been neglected or not at all Filaretes’ source writings that go beyond the usual art-historical reference points to show Libro as an outstanding, crystalline document of its time as a whole, which expands and corrects our picture of the Renaissance, shaped by the winners of history.
Else Feldmann: Schreiben vom Rand: Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
Die lang vergessene jüdische Autorin Else Feldmann gibt einen unerbittlichen Einblick in soziale Verwerfungen im Wien der Zwischenkriegszeit. Mit Energie und Klarheit zeigt sie deren Ursachen und Folgen auf, die sie aus eigenem, vielfach schmerzlichem Erleben selbst nur zu gut kennt.„Unerforschlich tief und in tausend Geheimnisse verstrickt sind die Wege menschlicher Not”, schreibt Else Feldmann in einem ihrer ersten Feuilletons, von denen sie im Laufe der Zwischenkriegszeit noch zahlreiche für verschiedene Zeitungen verfassen sollte, ehe sie Opfer der nationalsozialistischen Vernichtung wurde.Else Feldmann gelang es, sich im Umfeld der Arbeiterbewegung als Journalistin und Schriftstellerin von ihrer Herkunft aus dem jüdischen Ghetto zu emanzipieren und sich vergleichsweise früh in einem bis dato männerdominierten Feld zu behaupten.In ihrem Werk gibt Else Feldmann Einblick in die Lebensrealität der Menschen am gesellschaftlichen Rand: die Prostituierter, straffällig gewordener Jugendlicher, Arbeitsloser, Dienstbot*innen, junger Mütter sowie Männer und Frauen aus dem Proletariat.Elisabeth Debazi erschließt die bis dato erhalten gebliebenen Schriften einer zu Unrecht vergessenen jüdischen Autorin und ordnet sie erstmals literaturwissenschaftlich ein.
Diplomatie und Distinktion: Funktionen eines adligen Selbstzeugnisses der Sattelzeit
Was bewegte einen jungen Adligen im ausgehenden Ancien Régime dazu, in den diplomatischen Dienst einzutreten? Die vorliegende Studie analysiert ausgehend von einer praxeologischen Lektüre der mehr als 50 Tagebuchbände des preußischen Gesandten Jean-Pierre de Chambrier d’Oleyres (1753–1822) den sozialen Sinn der Diplomatie in der Sattelzeit. Sie zeigt, dass der Fürstendienst am fremden Hof zugleich der Statuspolitik des Familienverbands wie auch der Selbstpositionierung eines Adligen innerhalb der Familie diente. Angesichts sozialer und politischer Umbrüche wurde diese »Ökonomie der doppelten Distinktion« Ende des 18. Jahrhunderts nicht als obsolet betrachtet, sondern vielmehr in bisher ungekannter Weise reflektiert und perfektioniert. Innerhalb eines vormodernen Denkrahmens manifestiert sich ein modernes Subjekt, das die eigene Biografie in Zeiten des Wandels autonom zu gestalten trachtet. Indem sie Diplomatiegeschichte und Selbstzeugnisforschung zusammenführt, ermöglicht die Studie einen neuen Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen in der Sattelzeit.
Die sibirische Wucht: Der Aufstieg der Sowjetunion zur globalen Gasmacht, 1964–1982
Die Förderung sibirischen Erdgases und der Pipelinebau nach Europa waren das letzte industrielle Mammutprojekt der Sowjetunion – und zugleich eines ihrer erfolgreichsten Wirtschaftsprojekte. Der langfristige Erfolg zeigt sich bis heute im Export von Erdgas aus der Russischen Föderation. Auf den ersten Blick scheint es, dass die Sowjetunion aufgrund ihres immensen Erdgasreichtum für diesen Wirtschaftsweg prädestiniert war, nachdem sie sich zuvor bereits als Exportmacht für Erdöl etabliert hatte.
Die detaillierte Analyse sowjetischer Quellen zeigt jedoch, dass in den 1960er bis 1980er Jahren intensive Debatten geführt werden mussten, ehe man sich zu einem kostspieligen arktischen Gasprojekt durchrang. Mobilisierungsbestrebungen, veränderte Sichtweisen auf die Energieversorgungssicherheit sowie der Wunsch nach engeren Beziehungen zu den kapitalistischen Ländern waren die Eisbrecher, die dem Erdgas in der Spätphase des Kalten Krieges letztlich den Weg aus der sibirischen Kälte bahnten.
Die Macht auf dem Gipfel: Alpentourismus und Monarchie 1760-1910
Die Alpenbegeisterung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa aufkam, stand stark unter dem Einfluss der Aufklärung und ihrer bürgerlichen Freiheitsideale. Seit dem frühen 19. Jahrhundert gab es neben dieser Gleichsetzung von Bergen und republikanischer Freiheit aber auch konkurrierende romantische Strömungen, welche zur Monarchie tendierten und die Ergebenheit und Treue der alpinen Gesellschaften hervorhoben.
Eva Bachmann untersucht in diesem Buch die bislang wenig beachteten Reisen der britischen und italienischen Monarchie in die Alpen – von den illustren Jagdexkursionen des italienischen Königs Vittorio Emanuele II., über die inkognito Flucht der britischen Königin Victoria in die Alpenwelt, bis hin zu den abenteuerlichen Bergbesteigungen der italienischen Königin Margherita.
Auf die Tour!: Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté. Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
Auf die Tour erforscht die Teilhabe von Jüdinnen und Juden an der populären Kultur zwischen Wien, Budapest und New York um 1900. Die aufkommende Massenkultur und eine zeitgleiche Massenmigrationsbewegung beeinflussten einander und boten besondere Rahmenbedingungen für jüdisch-nichtjüdische Begegnungen: Eine neue Qualität an Mobilität verband die Hauptstädte der Habsburgermonarchie und die Vereinigten Staaten und prägte die Gesellschaft. Die Mobilität spiegelte sich in der populären Kultur wider. Volkssänger*innen, Gesangshumoristen und Soubretten griffen das Unterwegssein auf. Das bot Möglichkeiten, etwa Vorurteile, Antisemitismus, Nationalismus oder die Grenzen von Geschlechtern zu diskutieren, brachte der populären Kultur aber auch Vorwürfe und Unterstellungen ein, wie, dass sie als Deckmantel für geheime Prostitution diente oder der Untergang für „hohe” Kultur war.
Achtzehntes Jahrhundert digital: zentraleuropäische Perspektiven: Digital Eighteenth Century: Central European Perspectives. Dix-huitième siècle numérique: perspectives de l’Europe centrale
Digitale Technologien und Methoden haben in den vergangenen Jahren immer mehr Einfluss auf die geisteswissenschaftliche Forschung gewonnen. Dies gilt nicht minder fur das achtzehnte Jahrhundert: In allen einschlagigen Fachbereichen werden seit Jahren Texte, Bilder und Metadaten digital generiert, verarbeitet, analysiert und prasentiert. Ergebnis ist eine bisher nie dagewesene Konfrontation mit quantifizierenden Methoden auch in qualitativ arbeitenden Disziplinen sowie die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit nationalen und globalen Datenstandards. Diese Standards entscheiden uber die Interoperabilitat – gewissermassen die internationale Anschlussfahigkeit – der Daten und somit uber die Nachhaltigkeit der eigenen Forschung. Die Osterreichische Gesellschaft zur Erforschung des achtzehnten Jahrhunderts widmet ihr 34. Jahrbuch 2019 dem Thema der digitalen Forschung zum 18. Jahrhundert in Zentraleuropa. Die einzelnen vorgestellten Beitrage sind nicht nur Projektberichte, sondern referieren die Ergebnisse digital durchgefuhrter Forschungsarbeit. Sie eroffnen ein Panorama der moglichen methodischen Zugange, von den Bildwissenschaften uber Netzwerkanalyse und -darstellung hin zu digitaler Edition, Korpuslinguistik und digitaler Sprachwissenschaft sowie der Vernetzung von Forschungsdaten mit den Daten von Kulturerbe-Institutionen.
Diesseits vom Abseits – Studien zur beruflichen Benachteiligtenförderung
Jugendliche mit besonderem Förderbedarf beim Übergang von der Schule in die Berufs- und Arbeitswelt gibt es seit vielen Jahren. In Deutschland sind inzwischen 15-20% eines Altersjahrgangs durch Ausgrenzung bedroht. Empirische Untersuchungen können vielfach zeigen, dass die Übergänge dieser Heranwachsenden in die berufsbildende Schule, in die Berufsausbildung oder gar in Erwerbsarbeit extrem prekär verlaufen. Welche Möglichkeiten einer beruflichen Förderung haben solche Jugendlichen? Das Buch zur beruflichen Benachteiligtenförderung beantwortet diese Frage und wendet sich an die Fachöffentlichkeit, an Studierende und an Lehrende in diesem Feld.
Zivilprozessuale Gruppenvergleichsverfahren: Einvernehmliche Streitbeilegung im kollektiven Rechtsschutz
In der europaweit geführten Diskussion über Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes rücken anstelle der Sammelklagen zunehmend Instrumente der einvernehmlichen Streitbeilegung in den Mittelpunkt. Anstatt auf Anspruchsprüfung und Urteil sind Gruppenvergleichsverfahren ausschließlich auf den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs unter den zahlreichen Parteien ausgerichtet. Matthis Peter untersucht aus vergleichender Perspektive die Funktionsweise und die Wirksamkeit ausgewählter Gruppenvergleichsverfahren in den USA, den Niederlanden und Deutschland. Auf Basis der Länderberichte diskutiert er mit Blick auf einen schweizerischen Gesetzesentwurf einige Kernprobleme dieses relativ neuartigen Verfahrensansatzes.
Verbraucherrechtsdurchsetzung
The value of civil rights depends crucially on their enforceability. Especially when it comes to small claims like consumer claims, enforcement can however prove to be difficult. Martin Fries develops criteria for dispute systems aimed at effectively enforcing consumer rights. His analysis contributes to the recent debate on consumer access to justice.
Studien zum Gottesbild im Johannesevangelium
The whole of the New Testament is occupied with God and the discussion of him. New Testament scholarship, however, barely treats God the Father as a separate subject. Because His significance is not to be neglected, the contributors to this volume turn their attention to illuminating God the Father from various angles.
Rückzugsorte des Erzählens: Muße als Modus autobiographischer Selbstreflexion
In European cultural history, otiose leisure is regarded as the ideal prerequisite for a retreat into self-contemplation. Anna Karina Sennefelder maps out this topos by analyzing nineteenth century French narrative texts. The range of authors investigated reaches from Senancour, Chateaubriand and Stendhal to Marie d’Agoult and George Sand. The central question is which of otiose leisure’s characteristics renders it so suitable for autobiographical self-reflection. What emerges is that in such literature, certain places were considered as particularly apt for experiencing leisure and thus conducive to the success of the narrative retrospective of one’s own life. In essence therefore, the main focus is on the profiling and conceptual recording of the »retreats of narration”.
Reine Rechtslehre: Einleitung in die rechtswissenschaftliche Problematik (Studienausgabe der 1. Auflage 1934)
Hans Kelsen’s »Pure Theory of Law«, which was published in 1934, is one of the key works on legal theory in the 20th century. In it, Kelsen presents a theory in which he separates the law from morality on the one hand and on the other hand from proven fact, a theory which was also critical of ideologies. Anyone wanting to think about the structure and the validity of the law and the characteristics of jurisprudence, in short, anyone wanting to think about the normativity of the law, will inevitably have to deal with the »Pure Theory of Law.« The first edition of this work, which has been translated into approximately a dozen languages, was reprinted several times in German, but is currently out of print. It is now available as a student edition, which is intended to encourage those interested in the law to read through it and to give it their careful and critical consideration.
Information als Schutzgegenstand
How is information protected by property rights? Information goods such as news, images, gene sequences or stored data can be classified as semantic, syntactic or structural information. Herbert Zech shows that information is allocated exclusively not only by intellectual property rights but also in other fields of law.
Europäische Bankenregulierung und private Haftung: Die Durchsetzung von System- und Individualschutz mit Mitteln des Privatrechts
EU banking regulation serves not only to safeguard financial markets as a whole, but also to protect each individual bank customer, especially depositors, investors, and consumers. Private law mechanisms such as claims for damages can complement public supervision effectively. For this reason, Nikolai Badenhoop makes the case for stronger private law enforcement.
Dem Göttlichen ganz nah: »Muße« und Theoria in der spätantiken Philosophie und Theologie
What is »leisure«? What is »theory«? And how are the two connected? Andreas Kirchner explains that according to Aristotle’s basic definitions of the concepts of »theoría« and »scholê«, both undergo characteristic developments in the course of history, and that the philosophy and theology of late antiquity significantly contributed to this. Plotinus’ Neoplatonism thus decisively extends both concepts in their essential respects, and the emerging Christian theology, which the author examines by taking Marius Victorinus, Ambrose and, above all, Augustine as examples, then builds up its definition of »leisure« and »theory«. While based on philosophical foundations on the one hand, on the other it develops its own characteristic concepts following the personal concept of God and Christian assumptions. Andreas Kirchner shows how fundamentally the thought systems as well as the respective concept of God affect the conceptual design.
Zur Förderung des Verständnisses der Variablenkontrolle im naturwissenschaftlichen Sachunterricht
Naturwissenschaftliche Grundbildung im Sinne der Scientific Literacy umfasst das Erlernen inhaltlicher Konzepte sowie naturwissenschaftlicher Denk-, Arbeitsu- und Handlungsweisen. Auch in der Sachunterrichtsdidaktik werden entsprechende Ziele formuliert. Fachdidaktische und entwicklungspsychologische Forschungsergebnisse zeigen, dass Grundschulkinder systematische Strategien der Hypothesenprüfung (Variablenisolation und -kontrolle) erlernen können. Dabei scheint die Unterstützungsmaßnahme des Modeling besonders geeignet.
In einem Prä-Post-Follow-up-Design mit Baseline wurden unter Kontrolle der Lernvoraussetzungen die Auswirkungen einer Förderung des Verständnisses der Variablenkontrolle im Kontext Magnetismus durch Modeling im Vergleich zu einem am Offenen Experimentieren orientierten Lernsetting auf (1) eigenständiges Bewerten und Entwickeln von Experimenten, (2) Transferfähigkeit, (3) Entwicklung, Durchführung und Bewertung eigener Experimente, (4) Qualität bzgl. des erreichten Niveaus der Experimente und (5) motivationale Schülermerkmale geprüft. Zur differenzierten Erfassung kamen ein Paper-Pencil-Test und ein videographiertes Interview zum Einsatz.
Es konnte gezeigt werden, dass (1) beide Gruppen von der Intervention profitierten, die Daten einer Baseline jedoch auf einen Testwiederholungseffekt hindeuteten. Einflüsse der Intervention auf die anderen Bereiche konnten nachgewiesen werden. Eine Förderung durch Modeling wirkte sich auf alle vier genannten Bereiche (2)-(5) positiv aus.
Wirtschaftsnationalismus lokal: Interaktion und Abgrenzung zwischen rumänischen und sächsischen Gewerbeorganisationen in den siebenbürgischen Zentren Hermannstadt und Kronstadt, 1868–1914
Selbstorganisation von Siebenbürger Sachsen und Rumänen nach ethnonationalen Kriterien
Wirkung im Coaching
In der heutigen Zeit ist Coaching weit verbreitet und wird in unterschiedlichen Situationen nachgefragt. Von beruflichen Veränderungen über Lebenskrisen bis hin zu Wohnortwechseln reichen die Anlässe, die Menschen im Coaching Unterstützung suchen lassen. Aber was ist Coaching? Coaching wird als Sammelbegriff für unterschiedliche Beratungsmethoden verwendet. Und wie wirkt Coaching? Der vorliegende Sammelband gibt einen Überblick über aktuelle theoretische Perspektiven, empirische Befunde und praxisnahe Positionen. Für Coaching relevante Wirkfaktoren, Wirksamkeit von Coaching und die Möglichkeiten, wie diese durch die Kombination mit anderen Weiterbildungsformaten verbessert werden kann, kommen ebenso zur Sprache wie Nebenwirkungen problematischer Coaching-Prozesse, also Wirkungen im Coaching, die nicht intendiert und negativ zu bewerten sind.
Widersprechen in vereinnahmenden Verhältnissen
Seit geraumer Zeit sehen sich die öffentlichen Universitäten des deutschsprachigen Raumes weitreichenden Veränderungen gegenüber stehen. Die zunehmenden Bestrebungen, etwa das Verhältnis staatlicher Trägerschaft neu zu definieren, die Finanzierung an leistungsbezogene Kriterien zu binden oder Hochschulen verstärkt in ihrer Bedeutung für den nationalen Wirtschaftsstandort zu perspektivieren, verweisen aber auch auf Veränderungen politischer Selbstverständnisse, die über das Feld der Universitäten hinaus zu reichen scheinen. Als besondere Konsequenz und Herausforderung wird in der Vielzahl von wissenschaftlichen Beiträgen zu diesem postulierten neuen Selbstverständnis immer wieder die Frage der Möglichkeit von Kritik in und an diesen Verhältnissen aufgeworfen — sei es doch gerade ein Spezifikum der gegenwärtigen Entwicklungen, Kritik als Notwendigkeit zugunsten beständiger Innovation mit in die zu kritisierenden Strukturen aufzunehmen und sie damit zu immunisieren. Und auch der traditionelle Bildungsbegriff würde immer stärker in die Anforderungen des modernen Unternehmer*innentums übersetzt und so seinem kritischen Potential beraubt: Von der Mündigkeit zur unternehmerischen Eigeninitiative sei es schließlich nicht weit. Ob und wie angesichts dieser Rahmenbedingungen kritische Einsätze denkbar sind, die sich dennoch als Absetzbewegung verstehen und ob das schillernde Verhältnis von Macht und Kritik bei Foucault etwas zur Beantwortung dieser Frage — und damit letztendlich zur Kritik an gegenwärtigen hochschulpolitischen Verhältnissen — beitragen kann, ist Gegenstand dieser Arbeit.
Was beeinflusst den Erfolg beim Problemlösen in der Physik?
Problemlösen ist eine wesentliche Voraussetzung für das Handeln in allen Bereichen des Lebens: In einfachen Alltagssituationen, bei (natur-) wissenschaftlichen Fragestellungen oder bei komplexeren gesellschaftlich relevanten Problemen spielt die Lösung von Problemen eine Rolle. Im Bereich der Physik werden insbesondere innerhalb des schulischen und universitären Kontextes Probleme bearbeitet. Die täglichen Erfahrungen des Lehrbetriebs an Hochschulen machen jedoch deutlich, dass Teile der Studierenden große Schwierigkeiten haben, Probleme erfolgreich zu lösen.
Die Diskrepanz zwischen der Wichtigkeit des Problemlösens und den Schwierigkeiten, die Studierenden dabei haben, ist der Ausgangspunkt für die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit: Was unterscheidet “gute” von “schlechten” Problemlösern und welche Faktoren beeinflussen den Erfolg beim Problemlösen? Die Arbeit fokussiert hierbei auf Probleme aus dem Themenfeld der Mechanik.
Mit Hilfe einer empirischen Untersuchung wird dazu beigetragen, bereits bekannte Erkenntnisse aus der traditionsreichen Forschung zum Problemlösen zu bestätigen, zu quantifizieren und zueinander in Beziehung zu setzen. Es werden sowohl quantitative als auch qualitative Eigenschaften “guter” und “schlechter” Problemlöser herausgearbeitet – gute Problemlöser können beispielsweise auf mehr Fachwissen zurückgreifen, besitzen ein höheres Selbstkonzept und machen weniger Planungsfehler beim Bearbeiten physikalischer Problemstellungen.
Von der Höhlenmalerei zur Hochkultur am Göbekli Tepe
Als soziologische interdisziplinäre Studie der Steinzeit wird das kognitive Werden des Homo sapiens seit vor 40.000 Jahren bis zum Beginn der Landwirtschaft neu interpretiert. Eng den empirischen Kenntnissen der Archäologie und der Entwicklungspsychologie folgend zeigt sich die Epoche als von erheblichem sozialen Wandel geprägt, bis hin zu jenen Monumenten mit markanten Pfeilern, die WildbeuterInnen im Süd-Osten der Türkei realisierten.
Verbindung halten: (Post)kommunikation unter schwierigen Verhältnissen
1982 stellte der damalige Bundespostminister Kurt Gscheidle in einem Porträt über die Bundespost fest, dass die Post zwar lebensnotwendig, doch für die meisten Menschen uninteressant sei. Diese Feststellung lässt sich auch auf das bisherige Interesse der Geschichtswissenschaft an diesem Thema übertragen. Viele Analysen zur Postgeschichte stammen vor allem aus der außeruniversitären Philatelie. In der Geschichtswissenschaft gelten Philatelie und Postgeschichte hingegen als randständig. Dieser Band betrachtet die besondere Bedeutung der Post(kommunikation) aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive. Denn mit der Post, so auch Gscheidle, hätten doch fast alle Bürgerinnen und Bürger jeden Tag zu tun. Das hochkomplexe Konstrukt Post würden die Leute jedoch nur wahrnehmen, wenn es mit all seinen Wechselbeziehungen in seiner Funktion gestört wäre.
In 1982, the former Federal Minister of Postal Services, Kurt Gscheidle, stated in a portrait of the Deutsche Bundespost that the postal service was vital, but of no interest to most people. This observation can also be applied to the interest of historical scholarship in this subject. It is therefore not surprising that many analyses of postal history come primarily from non-university philately. In historical studies, on the other hand, philately and postal history are considered marginal. This is particularly astonishing, as post (communication) has a special significance in history. Because, according to Gscheidle, almost all citizens have to deal with the post every day. However, people would only notice the highly complex construct of the postal service if its function were disturbed.
Typisierung des Verständnisses mentaler Modelle mittels empirischer Datenerhebung am Beispiel der Quantenphysik
Verständnisprozesse sind zentraler Teil des Lernens und der Bildung. Vor allem in den Naturwissenschaften und in der Mathematik ist es jedoch häufig der Fall, dass diese Prozesse nur teils oder gar nicht stattfinden. Ausgehend von dieser Problematik wird hier eine Studie vorgestellt, die mentale Modelle der Atomhülle und allgemein das Modellverständnis in der Physik gemeinsam untersucht. Aus den gewonnen empirischen Daten werden dabei vier Verständnistypen mentaler Modelle abgeleitet und mittels Literaturvergleichs in die Literatur der naturwissenschaftlichen Didaktik eingeordnet. Somit liefert die vorliegende Arbeit nicht nur eine mögliche Erklärung für das Festhalten an klassischen, mechanistischen Modellvorstellungen trotz der Einführung in die Quantenphysik, sondern auch generell für Probleme beim Verständnisprozess, die in der naturwissenschaftlichen Didaktik beim Lernen mit Modellen und bei Vorstellungen auftreten.
Topographie des Reiches Gottes: Die „Sammlung auserlesener Materien zum Bau des Reiches Gottes“ und ihre Fortsetzungsserien
In der „Sammlung auserlesener Materien zum Bau des Reiches Gottes“ und ihren Fortsetzungsserien, eine der erfolgreichsten pietistischen Zeitschriften des 18. Jahrhunderts, wurden Nachrichten aus aller Welt publiziert, die allesamt die Ausbreitung des Reiches Gottes dokumentieren sollten. In Zeiten von Deismus und Aufklärung, in denen zentrale Fundamente der protestantischen Orthodoxie hinterfragt wurden, sollten diese Nachrichten zeigen, dass Gott noch in der Geschichte wirkt und seine Verheißungen erfüllt. Es waren dies Nachrichten über: die Heidenmission, die Judenmission, den Fall „Babels“ – also den Fall des Papsttums, die Verfolgung von Protestanten, die Verbreitung des Wortes Gottes, obrigkeitliche Verordnungen im Dienste des Reiches Gottes, den Bau von Schul- und Waisenhäusern, den Nachweis des providentiellen Wirkens Gottes in Form von Zeichen und Wundern und zuletzt Erweckungen, die in den 1730/40er Jahren wellenartig die deutschen Länder, England, Schottland und Nordamerika erfassten. Die Erweckungen wurden dabei als kraftvolle Ausgießung des Heiligen Geistes gedeutet. Geschichtstheologische Vorstellungen waren für die Pietisten und Erweckten zentrale Motivationsfaktoren, aktiv an der Ausbreitung des Reiches Gottes mitzuwirken.
Theorie und Praxis der Unternehmerfamilie und des Familienunternehmens – Theory and Practice of Business Families and Family Businesses: Festschrift für Arist von Schlippe – Commemorative Publication for Arist von Schlippe
Dieser Band ist die Festschrift für Prof. Dr. Arist von Schlippe zu seinem 70. Geburtstag im April 2021. Der Jubilar hat im Rahmen seiner Tätigkeit am Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) an der Universität Witten/Herdecke seit 2005 eine besondere Wirkung in der Forschung und im Praxistransfer entfaltet. Langjährige Forscherkolleg*innen, Wegbegleiter*innen, Freunde und Freundinnen ehren mit diesem Band die große Leistung von Arist von Schlippe und zeigen auf, welche Spuren er in 15 Jahren in diesem Feld hinterlassen hat. Arist von Schlippe ist in der Gemeinde der Familienunternehmensforscher*innen weithin bekannt, fachlich anerkannt und respektiert, aber mehr noch: Er wird als Mensch sehr geschätzt. Knapp 40 nationale und internationale Kolleg*innen aus der Forschung, der Beratung und dem Feld des Familienunternehmertums widmen ihm Fachbeiträge zu zentralen Fragestellungen im Umfeld ihrer Arbeit. Die Beiträge zum Wirken des Geehrten tragen eine je persönliche Note.
Strömung von Granulaten in Zentrifugal-Partikelreceivern
Zentrifugal-Partikelreceiver stellen eine neuartige Komponente für die konzentrierende solare Energiegestehung (CSP) dar. Sie werden in punktfokussierenden CSP-Kraftwerken eingesetzt und gehören – im Gegensatz zu den bereits im Markt befindlichen indirekt absorbierenden Rohrreceivern – der Gruppe der direktabsorbierenden Receiver an. Als Wärmeträgermedium wird hierbei Granulat genutzt, wie beispielsweise Bauxit-Proppants. Bauxit als Wärmeträgermedium ermöglicht höhere Prozesswirkungsgrade aufgrund von höheren Anwendungstemperaturen als in aktuell kommerziell eingesetzten, indirekt absorbierenden Systemen.
Gleichzeitig ist Bauxit-Granulat als Wärmespeichermedium einsetzbar, da es besonders kostengünstig ist. Das Potential des Zentrifugal-Partikelreceiver wurde bereits erfolgreich in einem 15kWth Laborreceiver am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. bewiesen. Darauf aufbauend verfolgt diese Arbeit das Ziel, die Strömungsmechanik von fließenden Granulaten zu modellieren.
Sprachlicher Umgang mit Formeln von LehrerInnen im Physikunterricht am Beispiel des elektrischen Widerstandes in Klassenstufe 8
Formeln sind eine wichtige mathematische Darstellungsform im Physikunterricht. Jedoch haben Lernende häufig Schwierigkeiten bei der Verbalisierung der inhaltlichen Bedeutung von Formeln. Dies wirft die Frage auf, wie Lehrende diese inhaltliche Seite von Formeln vermitteln. Der Theorieteil stellt den Empiriestand zu den Themenkomplexen Formeln und Kommunikation, Alltagssprache, Unterrichts -sprache und Fachsprache im Physikunterricht ausführlich dar. Auf Grundlage sprachwissenschaftlicher Überlegungen wurde ein Ebenenmodell der Versprachlichung von Formeln entwickelt und durch Lehrbuchanalysen validiert, mit dessen Hilfe das Sprechen von und über Formeln analysiert werden kann. In einer qualitativen, explorativ ausgerichteten Feldstudie wurde Physikunterricht von 10 Lehrenden zum elektrischen Widerstand beobachtet und ihre Sprache mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse und des entwickelten Ebenenmodells ausgewertet. Das entstandene Kategoriensystem zeigt ein vielfältiges Sprechen über Formeln, das viele Aspekte von Formelverständnis abdeckt. Eine explizite qualitative Interpretation von Formeln bleibt jedoch meist aus. Es zeigt sich in vielen Aspekten ein eher technischer Umgang mit Formeln, der die strukturelle Rolle der Mathematik vernachlässigt. Das Sprechen der Lehrenden im Umgang mit Formeln kann als entweder fachsprachlich, schülernah oder ausgewogen, in einigen Fällen zusätzlich als reflektierend charakterisiert werden.
Sozialpädagogik: Umriss einer erziehungswissenschaftlichen Disziplin und Prinzipien ihrer praktischen Anwendung
Die täglichen Meldungen über aggressive Gewalttaten, Diebstähle, Koma-Trinker oder Kindesvernachlässigungen werfen immer wieder die Fragen auf: Was sind die Ursachen solcher abweichenden Verhaltensweisen und was kann zu ihrer Überwindung getan werden? Das vorliegende Buch bietet einen konzentrierten Einblick in 12 Theorien, die jeweils aus ihrer Sicht Erklärungen für deviantes Verhalten liefern. Es stellt damit praktisch tätigen und künftigen Sozialpädagogen und Sozialarbeitern — also vor allem auch Studierenden — ein theoretisch begründetes und differenziertes Handlungskonzept für die psychosoziale Intensiverziehung deviant Handelnder zur Verfügung.
In dieses Konzept der humanistischen Gemeinschaftserziehung hat der Autor unter anderem die Erfahrungen des Wiener Volksschuldirektors Ferdinand Birnbaum (Schüler Alfred Adlers), Erkenntnisse aus der Gemeinschaftserziehung in Landerziehungsheimen (Hermann Lietz, Gustav Wyneken) und rationelle Elemente der Kollektiverziehung des ukrainischen Pädagogen Anton S. Makarenko einfließen lassen. Darin verarbeitet wurden auch neuere Erfahrungen, die Harald Rasmussen im staatlichen Erziehungsheim B o gholt bei Kopenhagen, Pfarrer Dietrich Lauter in Ludwigshafen in der kirchlichen Jugendarbeit und die Mitglieder der inzwischen bundesweit agierenden Suchthilfe-Gemeinschaft SYNANON gesammelt haben.
Das Buch will aber nicht nur praktisches sozialpädagogisches Handeln, sondern auch wissenschaftliche Diskussionen um den Gegenstand der Sozialpädagogik und ihre Möglichkeiten in der Sozialen Arbeit fördern. Es unterbreitet ein entsprechendes konzeptionelles Angebot, das aus der eigenen Lehrtätigkeit in der Ausbildung von Staatlich anerkannten Sozialarbeitern/Sozialpädagogen in Mecklenburg-Vorpommern erwachsen ist.